IFRS Bilanzierung

Begriff der IFRS-Bilanzierung

Die International Financial Reporting Standards, auch IFRS abgekürzt, stellen internationale Rechnungslegungsvorschriften für Unternehmen dar, die von einem international besetzten privatwirtschaftlichen Gremium von Rechnungslegungsexperten, dem International Accounting Standards Board (IASB) herausgegeben werden. Das Ziel ist dabei, unabhängig von nationalen Rechtsvorschriften eine Aufstellung von international vergleichbarer Jahres- und Konzernabschlüsse zu regulieren. Ein wesentliches Ziel der IFRS-Bilanzierung ist es, die Adressaten des Jahresabschlusses, wie beispielsweise  die Investoren, Kunden, Lieferanten und Arbeitnehmer über die  aktuelle finanzielle Situation des Unternehmens zu informieren.

Entstehung und Geltungsrecht

Im Jahr 2002 wurde vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union die sogenannte IAS-Verordnung erlassen. Demnach müssen alle Unternehmen, die Kapitalmarkt-orientiert agieren, für beginnende Geschäftsjahre am oder nach dem 01. Januar 2005 neben einem Konzernabschluss auf Grundlage des $290 des Handelsgesetzbuches (HGB) auch einen Konzernabschluss nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften für Unternehmen aufstellen. Als Kapitalmarkt-orientiert gelten hierbei alle Mutterunternehmen, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Kapitalmarkt in der Europäischen Union zugelassen sind. Das Europäische Parlament stellt es den Mitgliedstaaten dabei frei, auch nicht-Kapitalmarktorientierten Unternehmen auf der Konzernabschluss-Ebene die Anwendung der IFRS-Bilanz  vorzuschreiben oder freizugeben.

Für bestimmte Unternehmen wurde in Bezug auf die IFRS-Bilanzierung eine Übergangsfrist bis zu den Geschäftsjahren gewährt, die am oder nach dem 01. Januar 2007 beginnen. Dies betrifft unter anderem die Unternehme, die vor dem 11. September 2002 begonnen haben, ihre Konzernabschlüsse auf der Basis von international anerkannten Rechnungslegungsstandards zu erstellen und deren Wertpapiere zum öffentlichen Handel in mindestens einem Drittstaat zugelassen sind. Auch werden die Unternehmen, die ausschließlich Schuldpapiere in einem Staat innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes emittiert haben, von der Übergangsregelung begünstigt.

Regelung nach deutschem Handelsrecht

In Deutschland wurde im Jahr 2004 das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) verabschiedet. Dieses sorgte unter anderem für die Umsetzung der International-Account-Standard-Verordnung (IAS) in nationales Recht. Der §315a HGB regelt dabei handelsrechtlich die Voraussetzungen zur Bilanzierungspflicht nach den International Financial Reporting Standards, IFRS. Nach diesem Paragraphen haben die nicht-kapitalmarktorientierten Mutterunternehmen ein Wahlrecht, ihren Konzernabschluss nach IFRS zu bilanzieren. Des Weiteren regelt der §315e HGB Abs.1 zusätzlich noch weitere handelsrechtliche Vorschriften, die unter anderem den Lagebericht sowie die Prüfung und Offenlegung bestimmter Angaben betreffen.

Entscheidet sich ein Unternehmen dazu, auf die IFRS-Bilanzierung umzustellen, ist es jedoch dazu verpflichtet, mindestens auf der Einzelabschluss-Ebene sowohl den nationalen als auch den internationalen Abschluss aufzulisten. Dies hängt zum einen mit der Ausschüttungsbemessung als auch zum Zweck der Besteuerung zusammen.  Eine komplette Befreiung von den handelsrechtlichen Vorschriften durch die Umstellung der IFRS-Bilanz tritt nur in bestimmten Situationen ein.

Unterschiede nach Handelsgesetzbuch (HGB) und International-Financial-Reporting-Standards (IFRS)

Das Handelsgesetzbuch ist sowohl im Einzelabschluss als auch im Konzernabschluss vieler deutscher Unternehmensgruppen nach wie vor die führende Bilanzierungsnorm. In Anbetracht der stetigen Internationalisierung der Wirtschaft wird das HGB zudem fortlaufend aktualisiert.

Die International-Financial-Report-Standards  gestalten sich als sehr dynamisch und unterliegen einem permanenten Wandel. Dies bedeutet, dass bewährte Bilanzierungs Konzepte, wie beispielsweise die Leasingbilanzierung,Pension Accounting, Umsatzrealisierung oder die Finanzinstrumente fortlaufend durch neue Regelungen ersetzt werden, die zu einer Vielzahl von neuen anwendungsbezogenen Fragestellungen führen.

Die HGB und IFRS weisen verschiedene Grundprinzipien auf, die weitreichende Folgen im Bereich der Bilanzierung und Bewertung zur Folge haben. Durch die IFRS werden in Bezug auf die Bilanzierung und Bewertung die Bildung stiller Reserven eher verhindert, da die Tendenz zu einem höheren Eigenkapitalausweis liegt. Im Vergleich zu den handelsrechtlichen Vorschriften wird auf diese Weise eine frühere Gewinnrealisierung ermöglicht. Dies begünstigt  eine positive Darstellung der finanziellen und wirtschaftlichen Situation, was vor allem bei der Präsentation vor Investoren von Nutzen sein kann. Prinzipiell sind die Angabepflichten bei der IFRS-Finanzierung jedoch weitaus umfangreicher als dies bei der HGB der Fall ist. Das dominierende Vorsichtsprinzip  bei der handelsrechtlichen Rechnungslegungsvorschrift ist zwar auch im Konzept der IFRS verankert, weist jedoch nicht denselben Stellenwert auf.

Vorteile der IFRS-Bilanzierung

Für Unternehmen, die sich auf den Börsengang vorbereiten, kann eine freiwillige Umstellung auf die Internationale Rechnungslegung von Vorteil sein. Im Vordergrund stehen bei der IFRS-Bilanzierung  vor allem die betriebswirtschaftlichen Betrachtungen und Bewertungen, während die steuerlichen Aspekte eher in den Hintergrund rücken Auch gibt es einige Banken, die einen IFRS-Abschluss bei Unternehmen für ein Rating voraussetzen. Prinzipiell wird das Rating von eines Kreditnehmers durch die Wahl seines Bilanzierungsstandards jedoch nicht beeinflusst. Sinnvoll kann es auch für die Mutterkonzerne sein, die ihre Informationszwecke stärker an den Bedürfnissen der Shareholder ausrichten wollen. Des Weiteren dient eine IFRS-Bilanzierung zu einer Vereinheitlichung des Konzernberichtswesen. Somit lassen sich Unternehmenseinheiten besser vergleichen und strategisch sowie operativ besser steuern.

Vor allem größere Mittelständler und Unternehmen mit einem stark international ausgerichteten Geschäft können folglich von den internationalen Rechnungslegungsvorschriften profitieren. Nichtsdestotrotz stellt der Übergang der Rechnungslegung auf IFRS ein komplexes Unterfangen dar, welches in seiner Gesamtbedeutung für das Unternehmen nicht unterschätzt werden darf. So hat eine Umstellung auf die IFRS-Bilanzierung nicht nur Auswirkungen auf die finanzielle Berichterstattung eines Unternehmens, sondern auf nahezu alle Geschäftsbereiche des Betriebes.

Vergleich UGB-Finanzierung

Seit dem 01. Januar  2018 ist innerhalb von Österreich die Rechnungslegungsstandard  IFRS 15 “Erlöse aus Verträgen mit Kunden” verpflichtend anzuwenden. Dies beinhaltet umfangreiche Regelungen und Vorschriften bezüglich der Umsatzrealisierung von Unternehmen. Es stellt sich hierbei die Frage, inwiefern sich die Vorschriften nach der IFRS mit den unternehmensrechtlichen Bilanzierungen von Umsatzerlösen nach dem österreichischen Unternehmensgesetzbuch, dem UGB, gegenüberstehen. Hierfür hat das Austrian Financial Reporting and Auditing Committee ( “AFRAG”) eine Stellungnahme zum Thema: “Umsatzrealisierung: Vereinbarkeit der Bestimmungen des IFRS 15 mit den Grundsätzen der UGB” veröffentlicht.
Hinsichtlich der Umsatzerlöse sind begriffliche Unterschiede zwischen des IFRS 15 und der UGB festzuhalten. Gemäß des §189 a Z5 UGB sind Erlöse unter anderem aus dem Verkauf von Produkten und der Erbringung von Dienstleistungen, nach Abzug von Erlösschmälerungen sowie von direkt mit dem Umsatz verbundenen Steuern, als „Umsatzerlöse“ im auszuweisen. Erlöse aus Anlagenverkäufen, private Zuschüsse oder Subventionen, folglich alle Erlöse ohne Gegenleistungspflicht, stellen dabei keine Umsatzerlöse dar, sondern gelten als sonstige betriebliche Erträge.

Nach den Vorschriften der IFRS 15 sind Unternehmenserlöse ausschließlich auf Verträge mit Kunden zu beziehen sowie auf sonstigen gewöhnlichen Geschäftigstätigkeiten des Unternehmens. Damit ist die Definition der Umsatzerlösung nach der IFRS Regelung deutlich enger gefasst als dies in der UGB der Fall ist. Dies hat zur Folge, dass ausgewiesene Umsatzerlöse nach UGB-Recht nach IFRS 15 gar nicht als Erlöse zu bilanzieren sind.

Auch in Bezug auf die Umsatzrealisierung gibt es vereinzelte Definitionsunterschiede zwischen der UGB und dem IFRS. Das UGB orientiert sich bei der Realisierung von Umsatzerlösen überwiegend nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung. Dies bedeutet, dass im Jahresabschluss nur die verwirklichten Gewinne vorzuweisen sind, zum Beispiel wenn das Produkt geliefert oder eine Dienstleistung erbracht wurde.

Im IFRS 15 hingegen wurde bezüglich der Erlösrealisierung ein 5-Schritte-Modell entworfen, welches sich auf die Erlösrealisierung bezieht und auf alle Verträge mit Kunden anzuwenden ist. Hierbei ist hervorzuheben, dass unter anderem bei der Identifizierung eines  Vertrages nach dem UGB und des IFRS Unterschiede existieren. Auch bei der Bestimmung des Transaktionspreises sowie bei der Erlösrealisierung bei der Erfüllung einer Leistungsverpflichtung ergeben sich vereinzelte begriffliche und konzeptionelle Unterschiede, die vor allem für Unternehmen relevant sind, deren unternehmensrechtlicher Einzelabschluss in ein Konzernabschluss nach IFRS mit einbezogen wird.

In der Stellungnahme des Austrian Financial Reporting and Auditing Committee wird der Vergleich der Umsatzrealisierung zwischen des UGB und des IFRS 15 durchgeführt und dabei explizit darauf hingewiesen, dass die bisherigen Bilanzierungsgrundsätze zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen sind. Für Unternehmen ist es daher empfehlenswert, sich intensiv mit den Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Bilanzierung nach dem UGB und des IFRS auseinanderzusetzen.